Berlin begeistert!

Die Special Olympics World Games haben gezeigt: Unsere Stadt kann Olympische und Paralympische Spiele

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Foto: VBKI

Der Stolz und das freudige Strahlen in den Gesichtern der Athletinnen und Athleten, ein begeistertes und leidenschaftliches Publikum, exzellente Sportstätten vor grandioser Kulisse, mehr als 18.000 Volunteers aus 126 Ländern, die mit Herz und Engagement für reibungslose Abläufe gesorgt haben: Wer auch nur leise Zweifel an den Fähigkeiten Berlins hatte, ein sportliches Großereignis von Weltniveau auf die Beine zu stellen, der wurde – mal wieder – auf ganzer Linie eines Besseren belehrt.

Die Special Olympics World Games, die vom 17. bis 25. Juni stattfanden, waren ein großes Fest des Sports für alle Beteiligten – für die Zuschauerinnen und Zuschauer sowie für die knapp 10.000 Athletinnen und Athleten, Trainerinnen und Trainer und Betreuerinnen und Betreuer aus 176 Nationen. Drei Botschaften gingen von Berlin aus um die Welt: 
  •  Auch – und vielleicht gerade – in Kriegszeiten hat der Sport eine völkerverständigende Kraft.
  •  Sport ist für unsere Gesellschaft gelebte Integration – nicht nur, aber auch für Menschen mit Behinderung.
  •  Und schließlich: Berlin ist ein großartiger, sportbegeisterter Gastgeber!
Der VBKI hat die Weltspiele von Anfang an aus voller Überzeugung unterstützt und gefördert: durch aktive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, mit mobilisierenden Impulsen in die Berliner Wirtschaft hinein und auch mit einem engagierten Team von Volunteers aus unserer Geschäftsstelle. Aus langjähriger Tradition der Gemeinwohlförderung verpflichtet, ist es unserem Verein ein wichtiges Anliegen, die gesellschaftliche Anerkennung von Menschen mit geistiger Behinderung zu fördern. Und die Weltspiele haben plastisch vor Augen geführt, dass die gesellschaftliche Teilhabe ein Gewinn für alle ist! 
 
Meine persönlichen Erwartungen an das Großereignis wurden auch deshalb übertroffen, weil es uns in beeindruckender und sympathischer Weise gelungen ist, als Sportmetropole Berlin erneut auf internationaler Bühne zu glänzen. Auf diesen Erfolg kann und sollte man aufbauen. Ich würde mich daher sehr freuen, wenn wir mit dem Rückenwind der Special Olympics die Idee, Olympische und Paralympische Spiele in Berlin zu veranstalten, mit Nachdruck und hoher Priorität auf die (sport-)politische Agenda setzen würden. 
 
Dem VBKI ist vollkommen klar, dass sich beide Events nur bedingt vergleichen lassen – zu unterschiedlich sind die Dimensionen. Uns ist ebenfalls bewusst, dass eine Austragung von Olympischen und Paralympischen Spielen breiter gesellschaftlicher Unterstützung bedarf – an der es heute aus vielfach nachvollziehbaren Gründen noch mangelt. Aber: Sollte uns dieser Status quo davon abhalten, uns überhaupt mit der Frage zu beschäftigen? Oder sollten wir nicht besser mit neuen Ansätzen und Ideen dazu beitragen, Veränderungen herbeizuführen, um das Thema aus einer Chancenperspektive heraus betrachten zu können? Gerade hier bei uns, in der Sportmetropole Berlin? 
 
Ein erster Schritt wäre, den Gedanken einer möglichen Austragung in Berlin breit zu debattieren – und zwar unvoreingenommen, sachlich und vor allem ergebnisoffen. Was spricht dafür, was dagegen? Sorgfältig konzipiert und professionell organisiert, können Großveranstaltungen wie die Olympischen und Paralympischen Spiele entscheidender Treiber einer positiven Stadtentwicklung sein. Welche städtebauliche Dynamik die Spiele auch langfristig entfalten können, zeigen Beispiele wie Barcelona 1990, London 2012 oder auch die Vorbereitungen für die Spiele in Paris im kommenden Jahr. Sie demonstrieren eindrücklich, welche Impulse von Megaevents ausgehen können – nicht nur im unmittelbaren Umfeld des Sports, sondern weit darüber hinaus: im Städtebau, bei der Modernisierung der Infrastruktur, als Innovationsbeschleuniger und nicht zuletzt natürlich auch als Imagebildung und Konjunkturprogramm für die heimische Wirtschaft. 
 
Hinzu kommt: Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem sich die Olympischen Spiele dem Gastgeber anpassen, nicht mehr umgekehrt. Warum also nicht neue Wege gehen und mit einem dezentralen Konzept bewerben statt mit nur einem Austragungsort? Berlin hat jetzt schon 70 Prozent aller erforderlichen Sportstätten. Statt teure Neubauten für die fehlenden 30 Prozent könnte eine gemeinsame Bewerbung mit anderen Städten Olympische Spiele ermöglichen, die zu 100 Prozent auf bestehende und nur zu ertüchtigende Sportinfrastruktur setzt. So könnte eine deutsche Olympiabewerbung auch ein deutliches Signal gegen Gigantomanie und für Nachhaltigkeit setzen.
 
Insofern sollte sich die Debatte in Deutschland und hier in Berlin weniger auf das „Ob“, sondern vielmehr auf das „Wie“ fokussieren. Die deutsche Hauptstadt könnte der Welt zeigen, dass es auch ohne Gigantismus und Protz geht. Wir lassen kein Raumschiff landen, sondern treten den Beweis an, dass sich Großereignisse entlang vorhandener Gegebenheiten des Austragungsortes erfolgreich durchführen lassen. Im Mittelpunkt steht der Gedanke, Fortschritt für die Region zu erwirken. Unsere Spiele, das wären Spiele mit Augenmaß, ohne überdimensioniertes Rahmenprogramm, nah an der Bevölkerung, weltoffen, nachhaltig und im besten Sinne professionell. Und gleichzeitig ein geniales, freudiges Fest des Sports. Ich bin überzeugt: Im Ergebnis eröffnen sich enorme Chancen für unsere Region und die Menschen, die hier leben. Dieser Gedanke sollte uns in der Auseinandersetzung mit dem Thema leiten. 
 
Gastbeitrag von Kaweh Niroomand, Manager der BR Volleys, Sprecher der sechs großen Berliner Proficlubs sowie Mitglied des VBKI-Präsidiums.